Beratungswünsche junger Menschen digital erfassen
Mit einem Online-Umfrage-Tool erfasst die Jugendberufsagentur Landkreis Osterholz den Unterstützungsbedarf am Übergang Schule – Beruf
9. August 2022 | Stephan Orendi
Die Jugendberufsagentur Landkreis Osterholz (JBA OHZ) führt jährlich in den Abgangsklassen der Schulen im Landkreis eine Online-Umfrage durch und erfährt dadurch welche jungen Menschen Beratungsbedarf haben oder noch unversorgt sind. Dafür nutzt sie ein Online-Umfrage-Tool, das sie anderen Jugendberufsagenturen kostenfrei zur Verfügung stellt. Stephan Orendi, Koordinator der JBA OHZ, erläutert, welchen Vorteil das digitale Umfrage-Tool hat, wie es funktioniert und wie andere Jugendberufsagenturen es nutzen können.
Über den Autor
Stephan Orendi ist seit Januar 2019 Koordinator der Jugendberufsagentur im Landkreis Osterholz. In dieser Funktion ist er dafür zuständig die Abstimmung zwischen den zentralen Partner*innen der Jugendberufsagentur Landkreis Osterholz zu initiieren und kontinuierlich zu begleiten.
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Die Jugendberufsagentur Landkreis Osterholz
In der Jugendberufsagentur Landkreis Osterholz unterstützen die Agentur für Arbeit Bremen - Bremerhaven, das Jobcenter Landkreis Osterholz und der Landkreis Osterholz junge Menschen. Dafür arbeitet die Jugendberufsagentur sehr eng mit den weiterführenden Schulen im Landkreis zusammen.
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Beratungsbedarfe vor Verlassen der Schule in Erfahrung bringen
© Christian Schwier | Adobe Stock
Jedes Jahr stehen die Partner*innen einer Jugendberufsagentur mit Blick auf die Schulabgänger*innen vor einer Herausforderung. Denn erst kurz vor den Sommerferien kristallisiert sich heraus, welche Schüler*innen bereits eine passende Anschlussperspektive haben und für welche Schüler*innen noch individuelle Lösungen gefunden werden müssen. Das Ziel ist es daher, rechtzeitig die Situation möglichst aller Schüler*innen eines Abschlussjahrgangs zu kennen, und auch diejenigen zu erreichen, die die Jugendberufsagentur vielleicht nicht von allein aufgesucht hätten, selbst wenn ein Unterstützungsbedarf vorliegt.
Um einen solchen Gesamteindruck über die Anschlusssituationen der Schüler*innen in den Abgangsklassen zu erhalten, nutzt die Jugendberufsagentur Landkreis Osterholz eine Online-Umfrage, mit der sie den Umsetzungsstand der beruflichen Pläne der Schulabgänger*innen sowie deren eventuellen weiteren Beratungsbedarf in Erfahrung bringt. Gleichzeitig kann durch die Umfrage identifiziert werden, welche Schüler*innen noch unversorgt sind. Die Online-Umfrage wird in Abstimmung mit allen weiterführenden und den berufsbildenden Schulen im Landkreis Osterholz in allen Abgangsklassen durchgeführt, um so möglichst viele der jungen Menschen noch rechtzeitig vor dem Verlassen des Schulsystems zu erreichen.
Enge Abstimmung mit Schulen
Eine wichtige Grundlage für die Durchführung einer Umfrage an Schulen ist es, sich mit der jeweiligen Schule sowie der zuständigen Schulbehörde über das Vorgehen und die Bedingungen abzustimmen. Die Jugendberufsagentur Landkreis Osterholz arbeitet sehr eng mit allen weiterführenden Schulen im Landkreis zusammen und hat die Online-Umfrage vor ihrer erstmaligen Durchführung im Jahr 2020 sowohl mit der schulfachlichen Dezernatsleitung abgestimmt als auch eine datenschutzrechtliche Prüfung der Online-Umfrage durchführen lassen.
Vorteile der digitalen Umfrage
Es ist von jeher der genuine Zweck von Umfragen, Informationen und Daten zu einem Thema oder über eine bestimmte Zielgruppe zu erheben. Die Durchführung einer Umfrage in digitaler Form kann den Prozess zudem erheblich erleichtern und beschleunigen.
Die Umfrage der Jugendberufsagentur Landkreis Osterholz wird in digitaler Form durchgeführt, wodurch die Möglichkeit der adhoc-Auswertung besteht: Das bedeutet, dass die Daten schnell nach verschiedenen Kriterien sortiert und gefiltert werden können, beispielsweise nach Beratungsanliegen oder Schulstandorten. Einmal aufbereitet können die Daten erneut gespeichert und den zuständigen Partnerinstitutionen der Jugendberufsagentur zur Verfügung gestellt werden. Durch die schnelle Auswertung und Weiterleitung der Umfrageergebnisse kann wiederum wertvolle Zeit für eine Kontaktaufnahme und Beratung gewonnen werden.
Neben den praktischen Vorteilen bei der Datenauswertung, ist an dieser Stelle auch noch einmal auf den Mehrwert des Digitalen hinsichtlich der Attraktivität der Teilnahme und Usability für die Zielgruppe hinzuweisen. Das Digitale hat heute einen festen Platz im Lebens- und immer mehr auch im Schulalltag junger Menschen. Diese Tendenz hat sich im Zuge der Corona-Pandemie und der daraus resultierenden Homeschooling-Phasen verstärkt. Entsprechend war es auch für die Jugendberufsagentur im Landkreis Osterholz eine logische Konsequenz, ihre Umfrage digital auszugestalten, um junge Menschen für das Angebot zu interessieren.
Die Online-Umfrage ermöglicht einen Gesamteindruck über die jeweiligen Bedarfslagen in den Abschlussklassen.
Die Online-Umfrage: "Mein Schul- und Berufsweg"
Die Online-Umfrage wurde im Landkreis Osterholz im Jahr 2020 als Kooperationsprojekt mit der Jugendberufsagentur Grafschaft Bentheim durchgeführt, wo 2019 bereits ein entsprechendes Modellprojekt gestartet wurde. Das in der Jugendberufsagentur Grafschaft Bentheim entwickelte Grundgerüst wurde dabei beibehalten, aber auf die Bildungslandschaft im Landkreis Osterholz und die Beratungsangebote der Jugendberufsagentur in Rücksprache mit allen Partnern angepasst. Denn alle bestehenden Optionen des Systems sind grundsätzlich änderbar und können dadurch an die Gegebenheiten der jeweiligen Schul- und Bildungslandschaft angepasst werden. Um die notwendigen Veränderungen an der bestehenden Programmierung für die Jugendberufsagentur Landkreis Osterholz vorzunehmen, wurde ein externer Programmierer beauftragt. Entsprechend des Leitgedankens, dass jede zu beratende Person eine individuelle Lösung für ihr bildungs- oder berufswegbezogenes Anliegen braucht, hat die Online-Umfrage für die Jugendberufsagentur Landkreis Osterholz den Namen "Mein Schul- und Berufsweg" erhalten.
Bundesweite Nutzungsmöglichkeit des Umfrage-Tools für Jugendberufsagenturen
Das Online-Umfrage-Tool wird allen Jugendberufsagenturen in der Bundesrepublik Deutschland kostenfrei zur Verfügung gestellt. Bei dem Umfrage-Tool handelt es sich grob gesagt, um eine HTML-Struktur, die in eine bestehende Website eingebaut wird. Sofern die Implementierung des Systems (Hosting) nicht über die hauseigene IT realisiert werden kann, fallen Kosten für die entsprechende Leistung an. Auch Individualisierungsarbeiten an der Umfrage (beispielsweise das Abändern von Fragen oder Antwortmöglichkeiten oder die Einbindung eines Logos) können Kosten für die Jugendberufsagentur verursachen. Diese Kosten belaufen sich schätzungsweise auf 500-1000 Euro, je nach Programmieraufwand und Honorar.
Bei Fragen oder bei Interesse an der Nutzung der Umfrage wenden Sie sich an:
Stephan Orendi
Landkreis Osterholz
Amt für Bildung - Koordinator der Jugendberufsagentur im Landkreis Osterholz
Tel.: 04791 930-2275
E-Mail: stephan.orendi@landkreis-osterholz.de
Aufbau und Ablauf der Online-Umfrage
Die Online-Umfrage wird in enger Kooperation mit den weiterführenden Schulen im Landkreis Osterholz umgesetzt. Die Teilnahmedauer der Schüler*innen an der Umfrage beträgt ungefähr fünf Minuten. Häufig verwenden die Klassen dafür den Computerraum ihrer Schule, die Teilnahme ist aber auch über andere digitale oder mobile Endgeräte möglich.
© Jugendberufsagentur Landkreis Osterholz
Im Vorfeld der Durchführung wird besprochen, wie viele Klassen und Schüler*innen an der Umfrage teilnehmen werden (Sollzahl), was für eine spätere schulindividuelle Auswertung der Umfrageergebnisse wichtig ist. Weiterhin wird der Zeitraum abgestimmt, bis zu dem die Schüler*innen an der Umfrage teilgenommen haben sollen, zum Beispiel acht Wochen vor Ferienbeginn. Die Mitarbeitenden der Jugendberufsagentur, die die Umfrage angelegt haben und betreuen, legen im geschützten Administrationsbereich einen schulindividuellen Zugangscode fest und teilen diesen ihren Ansprechpersonen in den Schulen mit.
Nach dem Login landen die Schüler*innen auf der eigentlichen Auswahlseite. Dort stehen ihnen verschiedene Optionen zur Verfügung. So kann ein Beratungsbedarf zum Thema Schullaufbahn, aber auch bei der Suche von Ausbildungs- oder Studienplätzen angeklickt werden. Zum Beispiel lautet eine Auswahloption: "Ich suche noch einen Ausbildungsplatz und möchte Hilfe bei der Suche". Auch falls Schüler*innen keine Beratung mehr benötigen, stehen hierfür Optionen zur Verfügung, beispielsweise: "Ich habe bereits einen Ausbildungsplatz gefunden". Auf diese Weise entsteht ein Gesamteindruck der Situation der Schüler*innen in den Abgangsklassen der jeweils teilnehmenden Schule.
Wenn eine Option mit Beratungsbedarf angeklickt wurde, erfolgt die Weiterleitung auf die nächste Seite. Hier werden die Schüler*innen nach der Bestätigung der Datenschutzhinweise aufgefordert, ihre Kontaktdaten zu hinterlegen (Name, Adresse, gegebenenfalls auch Telefonnummer und E-Mail-Adresse), damit ihre Daten im weiteren Prozess an die zuständigen Berater*innen weitergegeben werden können und eine Kontaktaufnahme erfolgen kann. Mit Eingabe ihrer Daten haben die Schüler*innen auch die Möglichkeit, das ausgewählte Beratungsanliegen zu spezifizieren beziehungsweise durch einen Kommentar zu ergänzen. Nach dem Absenden der Daten ist die Online-Umfrage beendet.
Auswertung der Ergebnisse und Weitervermittlung
Das Umfrage-Tool besteht zum einen aus der Benutzeroberfläche, über die die Schüler*innen an der Umfrage wie beschrieben teilnehmen. Andererseits ist mit dieser Benutzeroberfläche im Hintergrund eine Datenbank verknüpft, die einen Kernbestandteil des Systems darstellt. Hier werden die von den Schüler*innen eingegeben Daten gesammelt und können über einen passwortgeschützten Administrationsbereich einfach heruntergeladen werden. Der Download der Daten erfolgt in Form einer einfachen Exceltabelle, bei der jede Teilnahme (Schüler*in) in einer Zeile hinterlegt ist.
Die Daten können mit wenig Aufwand gefiltert und nach Beratungsanliegen sortiert ausgewertet werden. Auf der Grundlage dieser Auswertung ist es möglich, die nötigen Informationen zeitnah an die Kooperationspartner*innen der Jugendberufsagentur, also die Träger der Rechtskreise des SGB II, SGB III und SGB VIII weiterzugeben, die für die jeweils vorliegende Bedarfslage zuständig sind. Bei der Weitergabe der Daten ist es zudem wichtig, die Einhaltung des Datenschutzes und der Datensicherheit zu gewährleisten. Die Jugendberufsagentur Landkreis Osterholz nutzt dafür seit geraumer Zeit ein spezielles Verschlüsselungszertifikat für E-Mails. Nachdem die Partner der Jugendberufsagentur die entsprechenden Daten erhalten haben, werden die Schüler*innen kontaktiert und von der zuständigen Beratungskraft eingeladen. Die Kontaktaufnahme erfolgt dabei entsprechend der angegebenen Daten, also entweder postalisch oder, falls weitere Daten hinterlegt worden sind, telefonisch oder per E- Mail. Der Beratungsprozess ist hiermit gestartet und die Partner der Jugendberufsagentur übernehmen die weiteren Schritte.
Die schnelle Auswertung und Weitergabe der Daten innerhalb der Jugendberufsagentur generiert wertvolle Beratungszeit noch vor Schulende.
Für diejenigen Schulen, die an der Umfrage teilgenommen haben, kann nach Abschluss der Online-Umfrage noch eine schulindividuelle Auswertung erstellt werden. Aus dieser kann die Schule ersehen, wie hoch die Teilnahmequote war oder wie viele junge Menschen angegebenen haben, noch eine Beratung zu benötigen. Auch die Daten derjenigen, die keinen Beratungsbedarf angegeben haben, können genutzt werden, etwa um einen Eindruck zu erhalten, welche Ausbildungs- oder Studiengänge von den jungen Menschen favorisiert werden oder wie viele junge Menschen nach der Sekundarstufe I eine Ausbildung beginnen und wie viele weiter die Schule besuchen möchten.
Instrument zur Unterstützung der gemeinsamen Arbeit
Die Online-Umfrage "Mein Schul- und Berufsweg" hat sich in den vergangenen drei Jahren als wichtiges Instrument etabliert, um die Beratungsbedarfe der Schüler*innen im Landkreis Osterholz vor Beginn der Sommerferien zu erfassen. Die digitale Form ermöglicht eine schnelle Auswertung der Daten sowie ihre Weitergabe, wodurch wertvolle Beratungszeit im Sinne der jungen Menschen vor den Sommerferien gewonnen wird. Durch die Zuordnung der anklickbaren Beratungsanliegen zu verschiedenen Partnern wird der ganzheitlicher Beratungs- und Unterstützungsansatz der Jugendberufsagenturen in die Praxis umgesetzt. Die Verteilung der Beratungsfälle erfolgt entsprechend der Rechtskreiszuständigkeit partnerneutral. Für die Schulen selbst bietet das Verfahren eine große Arbeitserleichterung, da die Umfrage zwar schulintern organisiert werden muss, die Auswertung und Weitergabe der Daten jedoch innerhalb der Jugendberufsagentur erfolgt und das Schulpersonal auf diese Weise entlastet wird. Die Jugendberufsagentur wird damit im positiven Sinne zum Dienstleister der Schulen.
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