Rund um Jugendberufsagenturen

Wissenswertes zum Thema

In vielen Regionen schließen sich die Agentur für Arbeit, das Jobcenter, das Jugendamt und oft auch weitere Kooperationspartner zu einer Jugendberufsagentur zusammen und bieten ihre Leistungen für junge Menschen gemeinsam an mit dem Ziel, die Jugendlichen möglichst passgenau beim Übergang von der Schule in den Beruf zu unterstützen. Unsere Themenseite bietet Ihnen Informationen darüber, was sich hinter dem Begriff "Jugendberufsagentur" verbirgt sowie einen Überblick über die Eckpunkte der bundesweiten Entwicklung rechtskreisübergreifender Kooperationsbündnisse.

Was sind Jugendberufsagenturen?

Copyright Informationen anzeigenEine Beratungssituation in der Jugendberufsagentur. Ein Mitarbeiter und eine Jugendliche betrachten gemeinsam den Lebenslauf der jungen Frau.
Der gemeinsame Blick auf den Lebenslauf.

Am Übergang von der Schule in den Beruf sehen die Sozialgesetzbücher II, III, VIII und IX für junge Menschen eine Vielzahl von Instrumenten und Angeboten vor. Für deren Umsetzung sind verschiedene Sozialleistungsträger zuständig, weshalb sich die Suche nach der passenden Unterstützung für junge Ratsuchende mitunter schwierig gestaltet und nicht selten zu Überforderung führt.
Aus diesem Grund schließen sich in immer mehr Kreisen und kreisfreien Städten Agenturen für Arbeit, Jobcenter und Jugendämter zu rechtskreisübergreifenden Kooperationsbündnissen – vielerorts Jugendberufsagentur genannt – zusammen und bieten ihre Leistungen gebündelt an. Häufig geschieht dies unter Einbeziehung weiterer (lokaler) Akteure. Ziele der Zusammenarbeit sind die bedarfsorientierte und passgenauere Beratung, Begleitung und Unterstützung Jugendlicher und junger Erwachsener am Übergang von der Schule in den Beruf möglichst "wie aus einer Hand" sowie ein erleichterter Zugang zu Unterstützungsangeboten. Mit der Einrichtung von Jugendberufsagenturen sollen jeweils lokal angesiedelte, zentrale Anlaufstellen für die unterschiedlichen Fragestellungen am Übergang Schule – Beruf geschaffen werden. Die Kooperation der Sozialleistungsträger untereinander, aber auch mit den Akteuren und Netzwerkpartnern vor Ort, soll unter den Rechtskreisen abgestimmte, individuelle Lösungen für junge Menschen ermöglichen. Diese müssen dann nicht mehr selbst herausfinden, welcher Leistungsträger in der jeweiligen Situation am besten weiterhelfen kann, sondern finden in der Jugendberufsagentur eine Ansprechpartnerin für vielfältige Themen am Übergang Schule – Beruf.

Mit der Gründung einer Jugendberufsagentur entsteht jedoch keine neue Behörde und es ändert sich auch nichts an den gesetzlich definierten Zuständigkeiten. Die Zusammenarbeit begründet sich auf dem freiwilligen Engagement der Partner und muss individuell entsprechend der lokalen Rahmenbedingungen im Einzelfall entwickelt und gestaltet werden. Das bedeutet, die Einbindung weiterer regionaler Akteure wie Schulen, Bildungseinrichtungen, Beratungsstellen, Kammern oder Betriebe wird ausgerichtet an der jeweils gegebenen Situation vor Ort. Diese individuelle Ausgestaltung der Zusammenarbeit bezieht sich auch auf die Kenntnis der Bedarfslagen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie die Situation am regionalen Ausbildungsmarkt. Dies alles lässt sich nicht sogleich und nach einem vorgegebenen Schema umsetzen, sondern erfordert einen langfristig angelegten Entwicklungsprozess, der auf struktureller Ebene verlässlich koordiniert wird.

Der Begriff "Jugendberufsagentur" (JBA) hat sich inzwischen als übergeordneter Begriff für die rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit der Sozialleistungsträger am Übergang Schule – Beruf etabliert. Fast 80 Prozent (Stand Juli 2021) der bestehenden Kooperationsbündnisse verwenden ihn zudem in ihrem Namen, die Bezeichnung vor Ort kann aber auch variieren. Beispiele für andere Bezeichnungen sind: Arbeitsbündnis Schule – Beruf, Jugendjobcenter, Jugendberufshaus oder Jugendservice. (1)

Clip: Jugendberufsagentur kurz erklärt

In knapp drei Minuten erklärt unser Film, worum es sich bei einer Jugendberufsagentur handelt, warum es sie gibt und wer in der Regel daran beteiligt ist. Es wird gezeigt, dass die Umsetzung einer Jugendberufsagentur mit vielen Fragen verbunden ist und die Ausgestaltung von Ort zu Ort verschieden sein kann. Gleichzeitig veranschaulicht, der Film den großen Mehrwert von Jugendberufsagenturen: Indem die Beteiligten ihre Kompetenzen bündeln, können junge Menschen individueller und passgenauer unterstützt werden. Nach dem Motto: Gemeinsam kann man mehr erreichen.

Zum Erklärfilm

Zur Geschichte und Entwicklung von Jugendberufsagenturen

Die Idee, Angebote und Aktivitäten am Übergang Schule – Beruf vor Ort besser zu koordinieren, ist nicht neu. Bereits in den 90er Jahren gab es Initiativen, um regionales Übergangsmanagement, kommunale Koordinierung oder lokale Verantwortungsgemeinschaften zu stärken. Die Fokussierung auf eine rechtskreisübergreifende Zusammenarbeit der Regelstrukturen nahm in den 2000er Jahren Konturen an. Erste Kommunen gründeten Jugendberufsagenturen: Zum Beispiel gehörten die Jugendberufsagentur Mainz und das Jugend-Jobcenter Düsseldorf zu den ersten Kooperationsbündnissen, in denen die Sozialleistungsträger gemeinsam Leistungen für junge Menschen angeboten haben oder seitdem anbieten. Ein weiteres Beispiel ist die Jugendberufsagentur Hamburg.  Hier hat ein ganzer Stadtstaat systematisch den Übergangsbereich strukturiert und 2012 die ersten der insgesamt sieben Standorte der Jugendberufsagentur Hamburg gegründet.

Neben Initiativen wie dem Modellprojekt "Arbeitsbündnis Jugend und Beruf" der Bundesagentur für Arbeit, beförderten in der Folge auch die Fachdiskussionen um den Übergangsbereich die Einrichtung und Weiterentwicklung weiterer Jugendberufsagenturen. Im Rahmen ihrer Initiative hat die Bundesagentur für Arbeit in den Jahren 2010 bis 2012 insgesamt 20 Jugendberufsagenturen begleitet. Die Erkenntnisse und Empfehlungen wurden in der Broschüre "Chancen ergreifen im Arbeitsbündnis Jugend und Beruf" veröffentlicht.

Schon früh wurde deutlich, dass die Ausgestaltung der Zusammenarbeit in Jugendberufsagenturen den örtlichen Rahmenbedingungen folgen muss. Dazu zählen vor allem die regionalen sozio-demografischen Merkmale, von den örtlichen Gegebenheiten und der Entfernung zwischen den Standorten der Akteure über die Situation am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt bis hin zu den Herausforderungen für die jungen Menschen vor Ort. Die Jugendphase ist in aller Regel von komplexen Umbruchsituationen geprägt. Einige der Jugendlichen und jungen Erwachsenen benötigen daher intensive Unterstützung und Begleitung. Nicht selten geht es im Einzelfall um mehrere der folgenden Themen gleichzeitig:

  • Schulabschluss erwerben
  • sich beruflich orientieren und Berufswahl festigen
  • Ausbildung oder Arbeit aufnehmen und sich beruflich weiterentwickeln
  • Wohnsituation verbessern
  • finanzielle Situation verbessern
  • psychische Gesundheit unterstützen
  • physische Gesundheit unterstützen
  • sich selbst in der Gesellschaft positionieren und orientieren

Angesichts dieser Vielfalt potenzieller Themen ist es umso wichtiger, dass die Sozialleistungsträger ihre Leistungen miteinander abstimmen und die einzelne Jugendliche, den einzelnen Jugendlichen gemeinsam betreuen. So kann verhindert werden, dass junge Menschen im Umgang mit den einzelnen Zuständigkeiten überfordert sind oder sogar auf dem Weg von einem zum anderen Ansprechpartner verloren gehen.

Im Jahr 2013 wurde im Koalitionsvertrag der Bundesregierung erstmals das Ziel formuliert: "Flächendeckend einzurichtende Jugendberufsagenturen sollen die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern II, III und VIII für unter 25-Jährige bündeln." (Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD zur 18. Legislaturperiode). An diesem Ziel wurde auch in den darauffolgenden Legislaturperioden festgehalten. Im Koalitionsvertrag aus dem Jahr 2021 formulieren die Regierungsparteien eine klare Absicht: "Mit den Ländern bauen wir die Berufsorientierung und Jugendberufsagenturen flächendeckend aus." (Koalitionsvertrag von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur 20. Legislaturperiode).

Mit den Ländern bauen wir die Berufsorientierung und Jugendberufsagenturen flächendeckend aus.

Koalitionsvertrag SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur 20. Legislaturperiode

In ihrem Beitrag "Jugendberufsagenturen – Ursprung und Entwicklungsperspektive" zeichnet Anna Burmeister von der Servicestelle Jugendberufsagenturen die Entwicklungsgeschichte von Jugendberufsagenturen sowie die verschiedenen Aktivitäten zur Unterstützung der rechtskreisübergreifenden Zusammenarbeit am Übergang Schule – Beruf noch einmal genauer nach.

Parallel zu den bildungspolitischen Aktivitäten findet ein bundesweiter Diskurs zu den Fragen statt, wie rechtkreisübergreifende Zusammenarbeit umgesetzt werden kann und welche Rahmenbedingungen dafür nötig sind. Die unterschiedlichsten Institutionen und Verbände haben sich mit dem Thema Jugendberufsagenturen auseinandergesetzt und dazu Beiträge veröffentlicht sowie Veranstaltungen durchgeführt. Es zeigt sich, dass das Ziel, Jugendliche gemeinsam und mit Leistungen wie aus einer Hand zu begleiten, von allen Seiten unterstützt wird. Wir bieten eine Zusammenstellung von Fachpublikationen. Sie sind eine wichtige Quelle, um einen Eindruck vom Stand der Diskussion um Jugendberufsagenturen zu erhalten.

Statistik und Forschung

Die Servicestelle Jugendberufsagenturen hat im Sommer 2021 eine quantitative Erhebung durchgeführt. Darin hat sie erfasst, wo in den insgesamt 400 Kreisen und kreisfreien Städten in Deutschland Jugendberufsagenturen bestehen und wie diese organisiert sind. Die Ergebnisse der Erhebung sowie eine bundesweite Übersicht über alle Jugendberufsagenturen stellt die Servicestelle auf diesem Informationsportal auf der Seite "Jugendberufsagenturen bundesweit" bereit.

Zuvor (2017) war bereits eine bundesweite Standorterhebung durch die Bundesagentur für Arbeit durchgeführt worden. In ihrem Abschlussbericht hat sie neben den Ergebnissen auch Perspektiven für die weitere Ausgestaltung im Bund, den Ländern und Kommunen aufgezeigt.

Komplexe Problemlagen junger Menschen – Lösungen durch Kooperation

Komplexe Problemlagen junger Menschen – Lösungen durch Kooperation

Copyright Informationen anzeigenVier junge Leute, zwei sitzen auf einem Tisch, zwei auf einer Bank davor.

Gastbeitrag von Sybille Stöbe-Blossey und Marina Ruth

In vielen Städten und Kreisen in Deutschland gibt es seit einigen Jahren Jugendberufsagenturen, die Schnittstellen innerhalb des Sozialgesetzbuchs – insbesondere SGB II, III und VIII – systematisch bearbeiten und die Bearbeitungsschritte besser miteinander verzahnen sollen. Damit sollen durch die Jugendberufsagenturen vor allem Exklusionsrisiken für die jungen Menschen verringert werden, die Gefahr laufen, bereits zu Beginn ihres Erwerbslebens "nicht ins Spiel zu kommen". Die Autorinnen zeigen in ihrem Gastbeitrag mögliche Wege für eine gelingende Kooperation auf.

Zum Gastbeitrag

Angebot der Servicestelle

Die Einrichtung einer Jugendberufsagentur ist ein komplexer Prozess, der nicht von einem auf den anderen Tag erfolgen kann. Wichtig ist, dass die örtlichen Kooperationspartner ihre eigene Form der Zusammenarbeit entwickeln und gestalten. Somit gleicht keine Jugendberufsagentur der anderen und es gibt auch keine allgemeingültige Anleitung für die Umsetzung einer Jugendberufsagentur. Gleichwohl gibt es eine Reihe von Gemeinsamkeiten und viele gelungene Beispiele sowie Herangehensweisen aus der Praxis, von denen andere Jugendberufsagenturen profitieren können. Hier setzt die seit Ende 2019 im Bundesinstitut für Berufsbildung angesiedelte Servicestelle Jugendberufsagenturen an. Wir bereiten das Erfahrungswissen von Jugendberufsagenturen auf und machen die vielfältigen Empfehlungen und Lösungsansätze in unseren Angeboten zugänglich.

  • 1Vgl.: Servicestelle Jugendberufsagenturen im Bundesinstitut für Berufsbildung (Hrsg.): Jugendberufsagenturen bundesweit. Ergebnisse aus der Erhebung zu rechtskreisübergreifenden Kooperationsbündnissen am Übergang Schule – Beruf. Bonn 2022, S. 10